Heinz Gerber, der «Mörcheler»

Er sucht das Gold des Waldes

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Die Morchel gehört zu den köstlichsten und wertvollsten Pilzen. Sie eröffnet jedes Jahr die Pilzsaison und gilt als Spitzendelikatesse, die im Lebensmittelhandel meist nur getrocknet angeboten wird und schwer zu finden ist. Gut, dass wir in Bümpliz einen Spezialisten zu diesem Thema haben! Heinz Gerber, der 75-jährige «Mörcheler», empfängt mich in seiner Pergola im Stöckacker und stellt klar: «Morcheln spriessen gut getarnt vor allem in Auenwäldern, in Hecken und entlang buschbestandener Waldränder meist in der Nähe von Eschen, Erlen, Pappeln, Ulmen, Kirschbäumen, Weiden und Holunder.»

Welche Morcheln wachsen denn bei uns?

Heinz Gerber erklärt, dass von den sechs Pilzarten, die zur Morchelfamilie zählen, die Rund- und Spitzmorchel sowie die Halbfreie Morchel die bekanntesten sind. Sie alle stellen ganz spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum. Während die Rund- und die Halbfreie Morchel bis in Höhenlagen vorkommen, wo die Laubbäume dem Nadelwald weichen müssen, liegt das eigentliche Spitzmorchel-Habitat in den Nadelwäldern höherer Lagen. Die Pilze bilden oft eine Lebensgemeinschaft mit Bäumen und anderen Pflanzen und haben eine wichtige Aufgabe beim Abbau und der Zersetzung toter organischer Stoffe.

«Ist Petrus uns wohlgesinnt, beschert er uns feuchtwarmes Wetter und sorgt dafür, dass der Korb des kundigen Sammlers sicher nicht leer bleibt. Wir bewegen uns bedächtigen Schrittes, und der Blick versucht, Unterholz und Vegetation morchelverdächtiger Stellen zu durchdringen. Intuition, Erfahrung und Sachverstand gehen auf der Pirsch stets Hand in Hand.»

Ich merke, mit den üblichen Pilzsuche im Sommer und Herbst hat die Morchelpirsch wenig gemein. Heinz Gerber erinnert sich noch genau an seinen ersten Gang durch die Auen. «Es war am 21. April 1976. Der Erfolg war bescheiden, aber wir waren glücklich, konnten wir doch eine Handvoll ‘Graueli’ (Graue Rundmorcheln) mit nach Hause nehmen. Jede gefundene Morchel glich einem Goldstück. Zu Hause wurden die Pilze erst sorgfältig gereinigt, dann wieder bestaunt, verglichen, studiert und fotografiert.»

Was muss ich wissen, wenn ich selber Morcheln finden will?

Heinz Gerber lacht: «Wer sich ernsthaft mir der Morchelpirsch beschäftigen will, kauft sich am besten mein neues Buch ‘Morcheln – Ökologie und Lebensräume’. Dieser Ratgeber macht Sammelerfolge wahrscheinlich. Im Juni muss man aber in die Höhe.» Und der fröhliche Rentner steigt ins Auto und fährt ins Engadin. Er weiss, wo es noch Morcheln gibt.

Also lese ich jetzt sein Buch. Lesen? Nein, ich verschlinge es. Der Autor beschreibt nämlich nicht nur die essbaren Morchel-Arten und stellt Habitate, Ökologie und Zeigerpflanzen vor, nein, er lässt uns an seiner Leidenschaft teilhaben, empfiehlt bewährte Strategien und geizt nicht mit Tipps und Tricks. Weitere essbare Schätze aus dem Frühlingswald, Tipps zur Verwertung und raffinierte Rezepte mit den köstlichen Speisepilzen ergänzen diesen reichen Erfahrungsschatz.

«Morcheln, Ökologie und Lebensräume» von Hainz Gerber ist im Kosmos-Verlag erschienen und jetzt im Buchhandel erhältlich.

 

Der Experte Heinz Gerber mit seinen ganz besonderen Pilzen: Spitzmorchel und Rundmorchel.

Rezeptidee feine Morchelrahmsauce

Profis und Hobbyköche lieben Morcheln, weil sie ein breites Betätigungsfeld eröffnen. Eigenkreationen bringen stets eine ganz persönliche Note auf den Tisch und bereiten besondere Freude.


Die Bümplizer Architektin Lorraine Nissille sammelt selber Morcheln in unseren Auenwäldern und weiss, wie man diese Pilze lecker zubereitet. Sie hat uns ihr Rezept für eine feine Morchelrahmsauce verraten:

Eine Handvoll getrocknete Morcheln gut zehn Minuten im lauwarmen Wasser einweichen.
Morcheln herausnehmen und sorgfältig ausdrücken. Das Einweichwasser brauchen wir noch. Wir lassen es am besten langsam durch einen Kaffeefilter tropfen. So entfernen wir den Sand und sonstige Unreinheiten.


Ein Zwiebel-Viertel fein schneiden und in Butter andünsten. Das Morchelwasser beigeben und stark reduzieren. Erst etwas Weisswein oder Madeira (portugiesischen Likörwein), dann die Morcheln und grosszügig Rahm beigeben. Jetzt noch einmal etwa zehn Minuten einkochen und mit Salz oder Bouillon würzen.


Dazu passen nicht nur frische Tagliatelle und Schweinsfilet-Medaillons, sondern auch in Butter gebratene Spargeln, und nicht zu vergessen, liebe Freunde rund um den Tisch, um den Genuss zu teilen.

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News - 04.07.2022 - Heinz Gerber der Mörcheler

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